jazzkeller 69 e.V. Archiv


23.02.2024 - Einlass: 19:30:00 Beginn: 20:00:00
Industriesalon Schöneweide - Reinbeckstr, 9, 12459

Jazzkeller69 zu Gast im Industriesalon: Aki Takase – Daniel Erdmann // Silke Eberhard – Uli Gumpert

Eberhard / Gumpert - Ulrich Gumpert - Piano
Eberhard / Gumpert - Silke Eberhard - Altsaxophon, Klarinette
Aki Takase – Daniel Erdmann - Daniel Erdmann - Tenorsaxophon
Aki Takase – Daniel Erdmann - Aki Takase - Piano

Aki Takase – Daniel Erdmann
„Komplexe Akkorde und souveräne Melodien zusammen mit einer komplizenhaften Balance, bei der die Protagonisten wie zwei Läufer Hand in Hand die Ziellinie überqueren. Am Ende verlassen wir das Duo mit dem Drang zu tanzen“.
~ Bruno Pfeiffer, Liberation
Silke Eberhard – Uli Gumpert
„Peanuts & Vanities“, Kleinigkeiten und Nichtigkeiten, so nennen die beiden Berliner Improvisatoren das Dutzend Duo-Miniaturen., zu denen sie sich ohne Absprachen, geschweige denn fertige Stücken trafen. Um eine Generation sind Silke Eberhard und Ulrich Gumpert auseinander, doch musikalisch finden sie spielend zusammen, sperrig und bisweilen „free“, aber voller kommunikativer Übereinstimmung. Da wirken die beiden eingeschleusten Klassiker „Salt Peanuts“und „The Peanut Vendor“ wie eine augenzwinkernde Reminiszenz.
~ klm, JazzThing
Aki Takases atemberaubende Spieltechnik und ihr improvisatorisches Temperament sind ebenso sprichwörtlich wie ihre Liebe zu den Klassikern des Jazz.
Nachdem sie sich bereits vor zehn Jahren auf ihrem Soloalbum „My Ellington“ (Intakt Records) mit den Kompositionen des großen Duke Ellington auseinandergesetzt hat, widmet sie sich nun mit ihrem Duopartner Daniel Erdmann erneut dem vielschichtigen Erneuerer des Jazz.
Die in Berlin lebende japanische Pianistin Aki Takase und der Saxophonist Daniel Erdmann, der im Herbst 2020 kurz vor dem neuerlichen Lockdown den renommierten SWR-Jazzpreis verliehen bekam, trafen sich erstmals Mitte der 90er Jahre, als Takase Improvisation an der Berliner Musikhochschule „Hanns Eisler“ unterrichtete, wo Daniel Erdmann zu dieser Zeit studierte.
In der Folge lud Aki Takase Daniel Erdmann ein, in ihrem Sextett zu spielen, das aus einigen der herausragendsten Musiker der Berliner Szene der 90er Jahre wie Rudi Mahall und Tony Buck bestand.
Im Jahr 2000 bekam Daniel Erdmann ein Stipendium des deutsch-französischen Kulturrates und zog nach Paris – damit endete vorerst die Zusammenarbeit mit der stilprägenden Pianistin, die 2002 den SWR Jazzpreis erhielt.
15 Jahre später trafen sich Aki Takase und Daniel Erdmann, der inzwischen schon viele Jahre in Reims in der Champagne lebte, zufällig am Pariser Flughafen.
Dort verabredeten sich die Beiden, endlich wieder gemeinsam zu spielen. Noch im selben Jahr gründete sich das Quintett „Japanic“, das 2019 das Album „Thema Prima“ veröffentlichte.
Ihre Zusammenarbeit im Duo begannen die Beiden bereits 2019 und intensivierten sie während des ersten, durch Corona bedingten Lockdowns im Frühjahr 2020. Daniel Erdmann, zu Hause in Reims, Aki Takase in Berlin, probten von nun an ein Vierteljahr lang jeden Mittwoch zu gemeinsamen via Zoom.
Trotz der Beschränkungen und der technischen Tücken, sagen beide, hatte das Ganze ein Gutes: die völlige Konzentration auf das Projekt.
Als sich dann im Sommer ein kleines Zeitfenster zum Reisen öffnete, trafen sich beide in Budapest, um Anfang August an drei Tagen im Budapester Studio von BMC Records ein Album aufzunehmen.
Angang Juni 2021 wurde Aki Takase und Daniel Erdmann der erstmalig vergebene Deutsche Jazzpreis verliehen.
~ shoestring-jazz
Blues In The Closet:
Ein gender- und generationenübergreifendes Duo erobert als typische Berliner Ost-West-Beziehung charmant sein Publikum.
Beim heiteren Gespräch in Berlin mit der 41-jährigen Altsaxofonistin Silke Eberhard und dem 69-jährigen Pianisten Uli Gumpert scheint unwillkürlich Oscar Pettifords oft missverstandener Titel vom Blues im Wandschrank auf.
Einst steckte der Blues für Silke Eberhard als Objekt der Begierde in Form des väterlichen Tenorsaxofons im Wandschrank.
Auf der schwäbischen Ostalb spielte Klein-Silke unter dem Dirigat des Vaters Klarinette in der Trachtenkapelle. Im Gegensatz zur Klarinette bedeutete das Saxofon im Schrank Jazz und Freiheit.
Heimlich übte sie stundenlang darauf; als es herauskam, schenkte ihr der Vater ein Altsaxofon. Das führte in der Folge dazu, dass sie als Jazz-Studentin ins Berlin der Nachwende-Zeit kam.
Die überbordenden Aktivitäten und die immense Offenheit dort erlebte sie als großartige Bildungs- und Selbsterfahrungsmöglichkeit.
Auch Uli Gumpert wuchs in einem Dorf auf, in dem der Vater die beherrschende musikalische Gestalt war. Ein verehrter Kunstlehrer, der als ausübender Musiker für den ausgefallenen Musiklehrer eingesprungen war, brachte in der thüringischen Provinz dem jungen Uli den Jazz nahe und bestärkte ihn, in Weimar auf die Hochschule zu gehen.
Ein Studienplatz für Klavier war nicht frei; der zuständige Hornist allerdings befand, dass Gumpert einen Hornistenmund habe. So wurde aus dem Pianisten ein Horn-Student.
Der machte nebenher Dixieland, bekam Charles Mingus zu hören und war fortan für die freie und offene Musik infiziert. Mangelhafte Leistungen in Marxismus-Leninismus katapultierten ihn aus der Hochschule – dafür wurde er zum führenden Pianisten des Free Jazz in der DDR.
Die Wendezeit erlebte Gumpert fern der Szene in der Komfort-Zone des erfolgreichen Fernsehserien- und Filmkomponisten.
Als dieses Betätigungsfeld Mitte der 90er Jahre wegbrach, nahm er erst wahr, was sich da alles getan hatte. Michael Griener, der Schlagzeuger seiner neu formierten Workshop Band, schleppte ihn 1998 zur Free Jazz Jamsession von Silke Eberhards Geburtstag.
Drei Jahre später wird Eberhard die kongeniale Bläserin von Gumperts B3-Projekt. Der hat sich einen Traum erfüllt und eine Hammondorgel gekauft, um „soulig, bluesiges Zeugs“ zu spielen.
Im gleichen Jahr bestreiten die beiden als Teile eines Quintetts einen frei improvisierten Club-Auftritt, von dem beide sagen: „Das war der Wahnsinn“.
Einmal fragt Produzent Ulli Blobel den Pianisten, warum denn Eberhard nicht in der Workshop Band spiele, und wenn da schon alle Stellen besetzt seien, sollten sie eben im Duo zusammen musizieren. Das wurde begeistert realisiert und zeitigte schließlich die CD „Peanuts & Vanities“.
„Wir wissen beide, was guter Jazz ist“, sagt Gumpert; Mingus, Monk, Dolphy und Ornette Coleman sind Quellen, auf die sich die musikalische Vater-Tochter-Alliance bezieht. Mit den spontanen humorigen Peanuts-Miniaturen erobern sie nun ihr Publikum auch live. Gleichzeitig hoffen sie auf eine Vinyl-Veröffentlichung des B3-Projekts, um den Blues tiefschwarz aus dem Schrank zu befreien.
~ Thomas Fitterling, RONDO 2/2014