jazzkeller 69 e.V. Archiv


12.08.2017 - Einlass: 19:00:00 Beginn: 19:30:00
NoVilla - Hasselwerderstr. 22, 12439

Jazzkeller69 stellt vor: Open Air Bühne im Garten von Novilla Jazz am Kaisersteg

Ruf der Heimat - Thomas Borgmann - Holzblasinstrumente
Ruf der Heimat - Christoph Winckel - Bass
Ruf der Heimat - Willi Kellers - Schlagzeug
Ruf der Heimat - Ernst-Ludwig 'Luten' Petrowsky - Holzblasinstrumente
Johnny Was - Antonio Borghini - Bass
Johnny Was - Michael Thieke - Klarinette
Johnny Was - Reidy Reidy - Gitarre
Schweizer Franken - Rudi Mahall - Bassklarinette
Schweizer Franken - Christian Weber - Bass
Schweizer Franken - Michael Griener - Schlagzeug

Johnny, mein Gigolo. Baby's Bruder. Eine Vergangenheit als Rockabilly, die niemand kennt. Geboren in Mississippi, oder vielleicht in East London. Genau, in Südafrika. Gestorben in Nashville. Spielte Klarinette in Hot Five Orchestre Super Volta Red Hot Peppers. Bambara Mystic Soul. Später im Folsom Gefängnis. Er behauptete, dass er Blue Suede Shoes geschrieben hat. Elvis wusch ihm den Kopf als er in die Armee eintrat. Skit-Dat-De-Dat. Johnny, der Bäumeausreißer. Suchte sein Glück in einer dunklen, trostlosen Mine und wusste nicht, dass dies in seine Seele einsickern würde. Er ging schlafen, indem er auf sein Gesicht fiel. Er kannte die Hölle. Er verliebte sich in Frankie, sie waren so süß, oh mein Gott, was waren sie verliebt. Er wurde mit einem Mädchen namens Nellie Bligh gesehen. Frankie zog eine kleine 44er. Rutty too too, und schoss genau durch diese Hartholztür. Er war ihr Mann und er hatte ihr Unrecht getan. Oder war es eine verirrte Kugel? Woo-ooh! Die Frau hielt ihren Kopf und weinte, als ihr Sohn auf der Straße niedergeschossen wurde und starb. Nur wegen des Systems. Johnny war ein guter Mann. Machte nie eine Sache falsch. Johnny Was spielt freie Formen im freien Fluss, mit Musik von Johnny Dyani, Johnny Dodds, Johnny Cash. Und Songs über Johnny, von Television, Amadou Ballaké, Sun City Girls, Louis Armstrong, Billy Strayhorn, Big Bill Broonzy, Suicide und George Russell.
Wer die Website des Züricher Bassisten Christian Weber besucht, lernt viel über den improvisierenden Musiker. Er führt etwa eine Liste seiner Lieblings-Essen, mit Foto und Angaben zu Ort und Koch. Oder die ausgewählten Videos: Eric Dolphy und Charles Mingus sind da zu sehen, aber auch Weber solo und alte Aufnahmen mit Olaf Ton. Das neueste Trio zeigt den Schweizer zusammen mit den beiden Franken Rudi Mahall und Michael Griener. Mit letzterem arbeitet er schon lange zusammen, auch in Trios mit Holzbläsern wie Ellery Eskelin oder Michael Thieke. Griener wiederum kennt Rudi Mahall (auch er ein Dolphy-Apologet) noch aus gemeinsamen Jugendtagen auf der Nürnberger Szene kreativer Musiker. Anfang der Neunziger kamen beide nach Berlin, halfen mit, den Sound der Stadt zu prägen. Und das nicht in kleinen Münzen, sondern in harter Währung. Jetzt sogar in Schweizer Franken. Dieses Trio ist eine sichere Bank.
Seit 1992 dauert der Ruf schon, ist legendär, und es gibt wohl kaum eine Bühne in Europa, die nicht zu ihrer Heimat wurde. Zunächst nur mit Petrowsky als zweiten Saxofonisten, dann einige Jahre verstärkt mit Peter Brötzmann, oder auch immer wieder in der erweiterten Formation mit Petrowsky und Heinz Sauer. Das Popkulturmagazin Spex schrieb: 'Kaum jemand dekliniert die freie Improvisation so konsequent, so geschichtsbewußt und, tja, trotzdem so unbekümmert durch wie diese vier Herren. Und schwupp! Hier versagt dann auch schale Journalistenprosa.' Und das Kölner Stadtmagazin: 'Es ist hinreißender, hymnischer Free Jazz, den das Berliner Quartett Ruf der Heimat spielt, nein: zelebriert. Vielleicht liegt das daran, dass Bandleader und Saxofonist Thomas Borgmann sich stets als »wertkonservativ« bezeichnet hat. Seine eher traditionelle Spielauffassung zündet aber in diesem Free Kontext: Sein melodiöser Sound verleiht der Musik erst das unwiderstehlich-euphorische Element.' Heute sollte man Begriffe wie »wertkonservativ« lie Thomas Borgmann And Ernst Ludwig Petrowsky At Peter E. Rytzber nicht in eine Suchmaschine tippen. Doch Beifall aus der falschen Ecke muss Borgmann und sein Quartett nicht fürchten: denn bei ihm geht es unüberhörbar um die Werte des Free Jazz, an dessen jüngerer Geschichte er mit großem Ton in Trios mit Wilber Morris und Denis Charles, bzw. Reggie Nicholson mitgeschrieben hat. Auch mit Bands wie 'Boom Box' und eben 'Ruf der Heimat'. Heimat ist hier nicht rückwärts auf 'das Eigene' bezogen, sondern ein welt-offenes Projekt, das dazu aufruft, verwirklicht zu werden. 2013 erschallte der 'Ruf der Heimat' zum 80. Geburtstag des Gründungsmitglieds Ernst-Ludwig Petrowsky – heute feiert die Original-Besetzung das 25jährige Bandjubiläum!