jazzkeller 69 e.V. Archiv


20.12.2002 - Einlass: 21:00:00 Beginn: 21:30:00
Jazzkeller Treptow - Puschkinallee 5, 12435

The Ornette Coleman Stuff

The Ornette Coleman Stuff - Jan Roder - Bass
The Ornette Coleman Stuff - Ulrich Gumpert - Piano
The Ornette Coleman Stuff - Michael Griener - Schlagzeug
The Ornette Coleman Stuff - Ernst-Ludwig 'Luten' Petrowsky - Holzblasinstrumente

'Was ich eigentlich versuche (...), ist Musik in der klarsten und einfachsten Form zu schreiben, um so von den Leuten, mit denen ich spiele, das beste Resultat zu bekommen. Ich gebe Ihnen, was ich spiele und sage: 'Nimm das und tu' damit, was Du willst. Du kannst es auseinandernehmen, es zusammensetzen, Du kannst bunte Knete ('silly putty') darauf tun, ganz gleich, wozu es Dich eben inspiriert, und dann gibst Du es mir so zurück, und ich werde es so interpretieren, wie ich es höre'' - Ornette Coleman -

Viel gibt es nicht zu sagen: obwohl das heutige Konzert das letzte sein wird nach 33 Jahren JazzKeller im Parkhaus Treptow, nach stürmischen Zeiten, nach Durstzeiten, nach Trunksüchten und Sehnsüchten, nach unendlich viel Musik, manchmal jenseits von Gut und Böse, und nach all dem Engagement der guten Seelen vom Kellerverein, die unermüdlich neben ihrer eigentlichen Arbeit diesen oft wundersamen Keller am Leben hielten. Aber wer will das schon alles wissen?? Die Bezirksverordneten von Treptow-Köpenick, die ihre Stimme gegen den Keller erhoben haben - und von denen nie jemand ein wirkliches Interesse daran hatte, geschweige denn, den Keller jemals von innen gesehen haben??

Wem sollen wir erzählen und berichten? Wir alle kennen den Keller und wissen das der Keller eine Institution war, zeitlos und offen für alle die in Berlin Musik machen und ein paar andere Sachen mehr im Kopf haben als die guten alten Standarts, auch jenseits irgendwelcher engstirnigen Szenen in dieser Stadt - und wir wissen das hier der letzte originäre Ort (mit Patina) für Jazz in Berlin geschlossen wird. Also - lasst uns Heute ein wenig in Erinnerungen kramen, ein wenig heulen vielleicht auch, und ansonsten schauen wie's weitergeht - denn der Jazzkeller 69 e.V. lebt ja noch und wird weitermachen, anderen Orts zwar, aber weiter, immer weiter....

Einer wird fehlen heute Abend, einer - der auch eng verbunden war mit dem Keller und im Oktober 2000 bei der Premiere von Uli Gumpert's 'Ornette Coleman Stuff' im Keller grade noch dabei war: KLAUS KOCH, einer der großen Bassisten nicht nur in Berlin sondern überhaupt, der sich vor nicht allzulanger Zeit, von diesem Planeten verabschiedet hat. Deswegen habe ich seine Kurzbiographie, weiter unten mit aufgeführt, und daher soll dieser Abend auch ein bischen 'ihm' gewidmet sein.

Ernst-Ludwig 'Luten' Petrowsky (1933), Güstrower, Autodidakt, rastloser Selbstdarsteller, einer der ersten Jazzmusiker mit Ost-Biographie: begann1955 mit Eberhard Weise (Combo/ Orchester), gründete 1962 mit Manfred Schulze das Manfred-Ludwig-Sextett, arbeitete mit Krzystof Komeda, Joachim Kühn, Klaus Lenz u.a., war von 1970 bis 79 Mitglied des Rundfunktanzorchesters Berlin und seit 1967 des Rundfunk-Jazzensembles Studio IV, ab 1973 Synopsis (mit C. Bauer, U. Gumpert, G. Sommer - ab 1984 Zentralquartett genannt), in diversen Ulrich-Gumpert Workshop-Bands und Gruppen um Hanno Rempel, Trios mit Klaus Koch und 'Baby' Sommer resp. Heinz Becker, ab Anfang der 80-er im Duo mit Uschi Brünnig, spielte im Bergisch-Brandenburgischen-Quartett, im Globe-Unity-Orchester, in der George-Gruntz-Concert-Jazz-Band und und und ..., er spielt mit Gott und der Welt und tourt unablässig um dieselbe...

Ulrich Gumpert (1945), sielte nach dem Studien in Weimar (Waldhorn) und Berlin (Klavier und Komposition) in diversen Dixiland-Bands, bei Klaus Lenz, SOK, Synopsis (mit Petrowsky, C. Bauer, U. Gumpert, G. Sommer, K. Koch), initiierte diverse Workshop-Bands, arbeitete für Theater und Hörspiel (u.a. mit Thomas und Peter Brasch und Jochen Berg), tourte u.a. mit Peter Brötzmann, John Tchicai, Tony Oxley, Steve Lacy, schrieb Filmmusiken (u.a. für Tatort-TV-Krimis) und interpretierte eigenwillig Eric Saties Oeuvre de jeunessee pour piano.

Klaus Koch (1936 - 2000), klassisches Studium der Musik an der HSfM Leipzig, von 1966 bis 1990 Mitglied des Rundfunktanzorchesters Berlin und des Rundfunk-Jazzensembles Studio IV, zahllose Konzerte und Festivals mit allen namhaften Jazzmusikern der Szene (u.a. Joachim und Rolf Kühn, Evan Parker, Steve Lacy, John Tchicai, Lee Konitz, Tony Coe, Paul Bley, Albert Mangelsdorf und und und ...)

Jan Roder (1968) zunächst Rockmusiker, dann langer Brasilienaufenthalt, Beschäftigung mit Cecil Taylor, Don Cherry u.ä., Wechsel zum Kontrabass. Seit 1995 gefragter Bassist in Berlin, Konzertaktivitäten im In- und Ausland, u.a. mit Alexander von Schlippenbach und Alan Praskin, spielt bei 'Der Enttäuschung' mit ebenso wie in Gunter Hampels 'Heartplants Quintet'

Michael Griener (1968), Autodidakt, begann seine freiberufliche Karriere 1988 zunächst in einer intensiven Zusammenarbeit mit Günther Christmann in Hannover, und ist seit 1994 einer der begehrtesten Trommler der Jazz-Club-Szene Berlins, was nicht zuletzt durch seine Arbeit mit Phil Minton, Butch Morris, Tal Tarlow, Benny Bailey, Herb Ellis u.v.a. evident ist.